Ob die Abgeltungssteuer in der beschriebenen Form in Kraft treten wird, muss sich erst noch zeigen. Denn kaum ein anderer Teil des Reformpakets hat bisher so vielfältige Kritik ausgelöst, und so scheinen Nachbesserungen wahrscheinlich. Zu den Kritikpunkten gehört:
Der tatsächliche Steuersatz beträgt nicht 25 %, sondern einschließlich Kirchensteuer und Solidaritätszuschlag rund 28 % und liegt damit europaweit an der Spitze.
In der Folge belastet die Abgeltungssteuer in erster Linie Steuerzahler mit mittlerem und geringem Einkommen, die einen niedrigen persönlichen Steuersatz haben.
Auf Kontenabfragen könnte die Finanzverwaltung mit der Abgeltungssteuer eigentlich verzichten. Nachdem aber das Verfassungsgericht gerade erst die Kontenabfragen für zulässig erklärt hat, besteht keinerlei Absicht, die Überwachung der Steuerzahler wieder zurückzufahren.
Durch den Wegfall der Spekulationsfrist werden vor allem langfristig orientierte Anleger benachteiligt, die für ihr Alter vorsorgen wollen - was die Politik sonst regelmäßig einfordert.
Da Gewinne aus Immobilien und Immobilienfonds nicht der Abgeltungssteuer unterliegen, scheint eine Verfassungsbeschwerde früher oder später vorprogrammiert.
In letzter Minute wurde eine Sonderregel für Zertifikate eingeführt: Ein nach dem 15. März 2007 gekauftes Zertifikat unterliegt schon jetzt der Abgeltungssteuer, wenn es über den 30. Juni 2009 hinaus gehalten wird.
Die Schlechterstellung privater gegenüber betrieblicher Dividendenerträge (Abgeltungssteuer versus Teileinkünfteverfahren) wirft ebenfalls verfassungsrechtliche Fragen auf.
Dadurch, dass private Dividenden mit Zinserträgen gleichgestellt werden, wird der Anteilseigner diskriminiert, weil Eigenkapitalgeber durch die doppelte Besteuerung bei Gesellschaft und Anteilseigner deutlich höher belastet werden als Fremdkapitalgeber.
Mit der Schlechterstellung von Eigenkapitalgebern werden Firmen verstärkt auf Fremdkapital zurückgreifen müssen, was wiederum ihre Eigenkapitalquote senkt und die Finanzierungskosten in die Höhe treibt.